Euthanasie bei Minipigs – Eine tierärztliche Perspektive auf eine notwendige Entscheidung

Als Tierarzt stehe ich regelmäßig vor der Aufgabe, Tiere nicht nur zu behandeln und zu begleiten, sondern sie im Ernstfall auch von nicht mehr behandelbarem Leiden zu erlösen. Die Euthanasie – also das kontrollierte, schmerzfreie Einschläfern – ist ein fester Bestandteil der tierärztlichen Verantwortung und ein zentraler Aspekt des gelebten Tierschutzes.

Gerade bei Minipigs, die zunehmend als Heimtiere gehalten werden, stehen Tierhalter vor besonderen Herausforderungen: Die medizinische Versorgung ist komplex, die Lebenserwartung hoch – und das Schmerz- sowie Krankheitsverhalten dieser Tiere wird häufig spät erkannt. Minipigs, die für viele nicht nur Haustiere, sondern echte Familienmitglieder sind, ist diese Entscheidung besonders schwer. Ihre Intelligenz, ihr sensibles Wesen und ihre starke Bindung zum Menschen machen die Abschiedssituation emotional sehr intensiv. Umso wichtiger ist ein fachlich fundierter und verantwortungsvoller Umgang mit dem Thema Lebensende.

Kürzlich war ich – als erfahrener Fachtierarzt für Schweine – erneut mit einer Situation konfrontiert, in der eine Euthanasie notwendig wurde. Es ging um ein chronisch, schwer erkranktes Hausschwein, dessen Zustand trotz aller Bemühungen nicht mehr mit dem Tierwohl vereinbar war. Die Entscheidung zum Einschläfern war tiermedizinisch geboten, aber für die Halter – zwei sehr engagierte und visierte Schweinefreunde – verständlicherweise emotional extrem belastend.

Julia und Andrew, die Besitzer, haben sich dazu entschieden, ihre Erfahrungen in einem Podcast zu teilen. Darin erzählen sie nicht nur von ihrem persönlichen Weg, sondern gehen auch auf meine Rolle als Tierarzt ein. Auch wenn nicht jede Darstellung fachlich vollständig oder präzise ist – was bei einem so emotionalen Thema verständlich ist – vermittelt der Podcast dennoch einen guten Eindruck davon, wie komplex, herausfordernd und verantwortungsvoll dieser Prozess ist.

Ich lade Sie herzlich ein, den Podcast anzuhören oder den begleitenden Artikel zu lesen – mit der Bitte, nicht jedes Wort auf die Goldwaage zu legen. Der Fokus liegt hier nicht auf medizinischer Detailtiefe, sondern auf der emotionalen Realität einer Entscheidung, die viele Tierhalter irgendwann treffen müssen. (Dennoch der Hinweis, dass die Tierarztpraxis KNG GmbH und der betreffende Tierarzt für das gesprochene Wort keine Verantwortung und Haftung übernehmen.)

Denn auch – und ganz besonders – Minipigs, als Mitgeschöpfe des Menschen, verdienen unsere Fürsorge bis zum letzten Moment.

Die Frage, wann Euthanasie im Sinne des Tieres geboten ist, berührt weit mehr als nur medizinische Fakten. Es geht um Verantwortung, Mitgefühl und das Wissen, wann es richtig ist, loszulassen. Welche Rolle spielt der Tierarzt, wenn keine Therapie mehr hilft? Wie trifft man die Entscheidung, wann der richtige Zeitpunkt gekommen ist?

Diese und weitere Fragen stehen im Mittelpunkt – und verdienen eine sachliche wie empathische Auseinandersetzung.

Fachliche Einordnung zur Euthanasie von Schweinen

Die Euthanasie (gezielte Tötung zur Leidvermeidung) von Schweinen, einschließlich Hausschweinen und Minipigs, unterliegt in Deutschland strengen rechtlichen, ethischen und tiermedizinischen Vorgaben. Sie soll stets dem Tierschutzgedanken folgen und darf ausschließlich durch qualifiziertes Fachpersonal, in der Regel durch einen Tierarzt bzw. Fachtierarzt für Schweine, durchgeführt werden.

Die Tötung eines Schweines muss nach dem Tierschutzgesetz (TierSchG) erfolgen, insbesondere nach:

§ 1 TierSchG: Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen.
§ 4 TierSchG: Ein Wirbeltier darf nur unter wirksamer Schmerzausschaltung (Betäubung) und nur durch Personen mit der nötigen Sachkunde getötet werden.

Zusätzlich gelten EU-Vorgaben (z. B. Verordnung (EG) Nr. 1099/2009 über den Schutz von Tieren zum Zeitpunkt der Tötung).

Bei Haustieren, auch wenn es sich dabei um sogenannte „landwirtschaftliche Nutztiere“ wie Schweine handelt, wird eine Euthanasie meist zur Vermeidung von Leiden vorgenommen – etwa bei unheilbaren Erkrankungen, Schmerzen oder stark eingeschränkter Lebensqualität.

Die Euthanasie eines Schweins ist medizinisch indiziert, wenn:

  • chronische oder akute Erkrankungen mit Schmerzen oder Leiden verbunden sind,

  • die Lebensqualität trotz Behandlung dauerhaft stark eingeschränkt ist,

  • eine weitere tiergerechte Haltung nicht mehr möglich ist (z. B. nach schweren neurologischen Ausfällen),

  • oder das Tier nicht mehr fressen oder sich eigenständig bewegen kann.

Ein erfahrener Fachtierarzt für Schweine beurteilt in diesen Fällen individuell, ob die Einschläferung im Sinne des Tierschutzes gerechtfertigt oder sogar geboten ist.

Die Euthanasie bei Hausschweinen erfolgt in der Regel zweistufig:

  1. Sedierung oder Narkose: Das Tier wird zunächst in einen tiefen, schmerzfreien Schlaf versetzt (mittels Narkosemittel).

  2. Tötung mittels Überdosierung eines geeigneten Barbiturats (z. B. Pentobarbital), intravenös verabreicht, was zum Herz- und Atemstillstand führt.

Die Methode ist schnell, schmerzfrei und stressarm, vorausgesetzt, sie wird fachgerecht durchgeführt. Die Anwesenheit vertrauter Personen und eine ruhige Umgebung wirken zusätzlich beruhigend auf das Tier.

Besonderheiten bei der Haltung von Schweinen als Haustiere sind zu beachten. Auch wenn viele Menschen Schweine als Familienmitglieder halten – rechtlich gelten sie als landwirtschaftliche Nutztiere. Das hat unter anderem Auswirkungen auf:

  • die gesetzlich vorgeschriebene Entsorgung nach dem Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG) – z. B. durch ein zugelassenes Tierkörperbeseitigungsunternehmen,

  • mögliche Anzeige- und Dokumentationspflichten beim Veterinäramt,

  • sowie auf die Frage, ob eine Bestattung auf dem eigenen Grundstück zulässig ist (in der Regel nicht erlaubt).

Ein solcher Abschied erfordert Vorbereitung, emotionale Stärke und leider auch Auseinandersetzung mit bürokratischen Vorgaben. Doch im Sinne des Tierschutzes und der Achtung vor dem Leben ist eine fachgerechte Euthanasie oft der letzte Dienst, den man seinem Schwein, sei es ein Minipig oder Hausschwein, erweisen kann.

Vom Fachlichen zum Persönlichen

Wenn man sich bewusst dafür entscheidet, ein Hausschwein – ob klassisches Schwein oder Minipig – in die eigene Familie aufzunehmen, übernimmt man nicht nur Verantwortung, sondern geht auch eine tiefe emotionale Bindung ein. Schweine sind sensible, kluge und soziale Wesen. Und doch bleiben sie in den Augen der Behörden rechtlich „Nutztiere“ – mit allen Konsequenzen, die das mit sich bringt.

Anbei teilen wir den Erfahrungsbericht, die schwerste Entscheidung, die für Hopper, unser treues Hausschwein, getroffen werden mussten: den Schritt zur Euthanasie. Unser Hopper war ein Kämpfer, doch nach langem Leiden, chronischer Krankheit war zuletzt klar: der Moment war gekommen, ihn in Würde gehen zu lassen.

Dank der einfühlsamen und fachlich hochkompetenten Begleitung durch einen Fachtierarzt für Schweine – und das spezialisierte Kompetenzzentrum für Nutztiergesundheit – konnten wir Hopper einen friedlichen, stressfreien Abschied ermöglichen. Dieser Erfahrungsbericht soll nicht nur unserem Schwein ein würdiges Andenken sein, sondern auch anderen HalterInnen von Hausschweinen und Minipigs Mut machen, sich frühzeitig mit dem Thema auseinanderzusetzen – medizinisch, emotional und leider auch rechtlich.

Denn so liebevoll und würdevoll wir ihn auch gehen lassen konnten – die Realität rund um den Tod eines Hausschweins in Deutschland ist für TierhalterInnen oft ein Schock. Der folgende Text ist persönlich, ehrlich und schmerzhaft. Aber er ist auch ein Ausdruck tiefer Dankbarkeit, für die Zeit mit einem ganz besonderen Schwein.

Podcast

In dem Podcast von Julia und Andrew wird mein Besuch ausführlich besprochen – in zwei Kapiteln zur Euthanasie sowie zu meiner tierärztlichen Arbeit vor Ort. Ich lade Sie herzlich ein, in diese Episoden hineinzuhören. Bitte beachten Sie jedoch, dass ich im Vorfeld nicht über die Aufnahme oder Veröffentlichung des Podcasts informiert wurde. Der Inhalt wurde von mir weder autorisiert noch inhaltlich geprüft. Daher übernehme ich keinerlei Haftung für die im Podcast getroffenen Aussagen, Darstellungen oder Schlussfolgerungen. Ich danke für Ihr Verständnis und wünsche Ihnen eine interessante und aufschlussreiche Hörerfahrung.

Podcast:
#112 – Für Hopper
Zur kompletten Folge auf Spotify

ab Minute 39 und
Hoppers würdevolle Euthanasie mit Christian Baumann

ab Minute 1:25 und
Pepper, Ohrmarken und Christian Baumanns Expertise

Play Video

Erfahrungsbericht: Wenn ein Freund geht …

„🌈 gute Reise Sheriff Hopper ✨

Heute mussten wir unseren Hopper einschläfern lassen. Wir haben so lange gekämpft.
Er hat so lange gekämpft.
Wir wussten das dieser Tag kommen würde.
Aber es macht es einfach nicht leichter.
Zu all den Leiden die er hatte, kam nun auch ein diagnostizierter Schlaganfall hinzu.
Seine letzten zwei Tage bei uns, mit dem Wissen um den Euthanasie Termin, waren wunderschön.
Andre und ich haben alles in uns mobilisiert, damit keines der Tiere es uns anmerkt. Es ist kaum in Worte zu fassen, was das bedeutet hat.
Hopper hat Unmengen Kuchen bekommen und wie ein kleines Geschenk – war wundervolles Wetter, sodass er noch in die Suhle konnte.
Das Kompetenzzentrum für Nutztiergesundheit (was wir voller Überzeugung empfehlen können), hat uns auf alles vorbereitet – von der Anamnese, bishin zum Ablauf der Euthanasie.
Wir sind so dankbar dafür, dass sein Tod so würdevoll gewesen ist.
Kein Stress für ihn, keine Angst, keine Schmerzen.
Und wir und seine besten Freunde, waren bis zum Schluss an seiner Seite.
Er ist einfach friedlich eingeschlafen.
Der zuständige (Schweine) Spezialist, hat einfach einen unfassbar großartigen Job gemacht und Hopper als das gesehen was er ist: Ein geliebtes Familienmitglied.
Die Entsorgung von Nutztieren unterliegt primär dem Tierischen Nebenprodukte-Beseitigungsgesetz (TierNebG), das die EU-Vorgaben der Verordnung (EG) Nr. 1069/2009 umsetzt.
Das bedeutet, dass wir noch voller Trauer, seinen Körper mittels Bagger unter die Kadaverhaube bringen mussten und er nun von einem Entsorgungsunternehmen abgeholt wird. Und auch auf diesem Weg haben und werden wir ihn begleiten. Ich glaube man kann sich vorstellen, wie traumatisierend das ist. Wir haben versucht, es möglichst würdevoll zu gestalten, denn Andre hat den Bagger gefahren.
Er bekommt kein schönes Grab, an dem man seiner Gedenken kann.
Dort wird keine Kerze für ihn brennen.
Dort werden auch keine Blumen für ihn liegen.
Was bleibt ist ein leerer Platz in der Suhle.
Was bleibt ist eine unberührte Stelle im Stroh.
Was bleibt ist ein Name bei der Fütterung, der nie wieder gerufen wird.

Voller Schmerz, aber unendlich dankbar für jeden Moment mit ihm 🙏🏻“

Instagram-Beitrag